An einem grauen Freitag im November  fand die jährliche  Waldbegehung statt, die von dem Geschäftsführer der Forstbetriebsgemeinschaft Mittleres Holstein, Herrn Christian Schnoor und einem Mitarbeiter geführt wurde, begleitet wurde die Führung von Herrn Bögner (Vorsitzender des Bau- , Wege- und Umweltausschusses), sowie von Frau Scheube (Bündnis 90/ Die Grünen)und Herrn Kahle.

Es wurde ein Einblick in die Waldwirtschaft, den Naturschutz und weitere interessante Themen rund um den Wald gewährt. Herr Schnoor hob immer hervor, dass der Zustand eines Baumes durch Besichtigung der Baumkrone festgestellt werden könne. Immer wieder fiel auch der Begriff nachhaltige Forstwirtschaft, doch darüber später. Markierungen an Bäumen wurden nicht vorgenommen, das bleibt einer späteren Begehung vorbehalten. Nicht jede Markierung bedeutet automatisch, dass ein Baum demnächst gefällt wird. Doch wenn ein Baum erkrankt und damit umsturzgefährdet ist, müsse die Gemeinde im Sinne notwendiger Maßnahmen der Verkehrssicherung tätig werden. Als wir dann nach Durchstreifen des Waldes gegenüber der ehemaligen „Schlampmühle“ über die Waldstraße zur Steilküste kamen, fiel mir die niederschmetternde Aussage, die schon vor längerer Zeit bei einem Gespräch mit  der Hohwachter Verwaltung  sinngemäß fiel, ein: „Hier ist seit 80 Jahren nichts gemacht worden, die Bäume sind alle „abgängig“. Mit anderen Worten, eine Landmark Hohwachts, die bewaldete Steilküste, sollte auf kurz oder lang verschwinden?  Schon vorher konnte man den Eindruck gewinnen, dass nach den jährlichen Holzeinschlägen  gewisse Bereiche „bevorzugt“ behandelt wurden,  um vielleicht eine Sichtachse zur Ostsee zu gewinnen?  Ich habe mich immer bemüht, diesen Gedanken zu verdrängen.

In dem Buch „Wald und Forst“ habe ich dann gelesen, dass die Forstwirtschaft ihren Endzweck in der Nutzung des Holzes, im Holzeinschlag findet.  Obwohl die schon angesprochene Nachhaltigkeit der heutigen Forstwirtschaft die 3 Säulen: ökologisch, sozial und wirtschaftlich als zentrale Funktionen benennt, zweifle ich im Falle des Steilküstenwaldes – der sich von Jahr zu Jahr immer mehr lichtet – sehr stark an der Prioritätenfolge.

Auszug aus  Wikipedia:

Nachhaltige Forstwirtschaft bedeutet die Betreuung von Waldflächen und ihre Nutzung auf eine Weise und in einem Maß, dass sie ihre Produktivität (einschließlich ihrer Bodenertragskraft), ihre Verjüngungsfähigkeit und Vitalität behalten oder verbessern. Damit soll gleichzeitig ihre Fähigkeit bewahrt werden, gegenwärtig und in Zukunft die ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Funktionen des Waldes auf lokaler und nationaler Ebene zu erfüllen. Zusätzlich soll die nachhaltige Bewirtschaftung einer Waldfläche anderen Ökosystemen keinen Schaden zufügen.

Auf der Web-Site der FBG Mittleres Holstein wird Herr Schnoor als Geschäftsführer mit der Qualifikation Holzvermarktung genannt. (http://www.fbg-mh.de)

Vor Jahren bekam ich die Information, dass die Gemeindewälder Hohwachts von den Schleswig-Holsteinischen Landesforsten, (hier Außenstelle Eutin, später Neumünster, Försterei Dodau), „bewirtschaftet“ wurden, das ist ja wohl Vergangenheit.

Im Internet präsentieren sich die SHLF (https://www.forst-sh.de/) wie folgt:

Die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten (SHLF) betreuen knapp ein Drittel der 173.412 Hektar großen Waldfläche in Schleswig-Holstein. Mit Gründung der Forsten als Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) am 1. Januar 2008 entstand ein zukunftsorientiertes und leistungsstarkes Unternehmen.

Der Erhalt und die Erhöhung der Biodiversität sowie der Wasser-, Klima-und Lärmschutz und die Erholungsfunktionen gehen einher mit einer nachhaltigen Nutzung. Die SHLF bewirtschaften die ihnen anvertrauten Wälder als FSC® (C010535)- und PEFC-zertifizierter Betrieb nachhaltig und naturnah nach strengen ökologischen und sozialen Maßstäben.

Warum aber folgt Hohwacht nicht dem Beispiel des Lübecker Stadtwaldes, der seit knapp 20 Jahren nach einem Konzept bewirtschaftet wird, dass Förster gemeinsam mit Greenpeace und anderen Umweltverbänden entwickelt haben. Hier reifte die Erkenntnis, dass von einer möglichst schonenden Nutzung auf Dauer Mensch und Natur profitieren: https://www.greenpeace.de/themen/walder/waldnutzung/300-jahre-nachhaltige-forstwirtschaft-mehr-schein-als-sein .

 […] Lange Zeit wurde von „Nachhaltigkeit der Nutzung“ gesprochen, wenn bei der Bewirtschaftung „immer nur so viel Holz entnommen wird, wie nachwachsen kann“.

[…]Die Bundesregierung hat 2007 in Anlehnung an die Rio-Konferenz die Nationale Biodiversitätsstrategie beschlossen. Diese sieht vor, dass bis 2020 zehn Prozent der öffentlichen Wälder komplett aus der Nutzung genommen werden. Das ist bislang in fast keinem öffentlichen Wald umgesetzt. Die übrigen 90 Prozent sollten nach strengen ökologischen, sozialen und wirtschaftlichen Kriterien, wie denen des Forest Stewardship Council (FSC), naturnah bewirtschaftet werden. Eine wirklich naturnahe Waldbewirtschaftung zeichnet sich zum Beispiel durch wenige Eingriffe des Menschen auf der Wirtschaftsfläche aus (Minimumprinzip) und orientiert sich an den Prozessen einer natürlichen Waldentwicklung.

Bezogen auf den Göttinger Stadtwald und den Lübecker Stadtwald wurde ausgeführt:

[…]Eigentlich kann man betriebswirtschaftlich nur gewinnen, wenn man das Ökosystem Wald weitestgehend sich selbst überlässt. Weniger Eingriffe (z.B. Durchforstungen, Pflanzungen, etc.) bedeutet auch weniger Kosten und Risikominimierung. Ein Wald-Öko-System, das sich über Tausende von Jahren entwickelt hat, ist bestmöglich an seinen Standort angepasst und daher stabil. Selbst starke Stürme machen einem natürlichen Ökosystem viel weniger zu schaffen, als beispielsweise einer Monokultur aus standortsfremden Fichten. Im Klartext heißt naturnahe Waldbewirtschaftung: geringe Kosten, geringes Risiko und eine hohe Produktivität, denn ein ungestörter, stabiler Wald produziert am besten.

Auch das MELUND SH hat sich in Bezug auf den Naturwald festgelegt:

https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/S/schutzgebiete/naturwaelder.html

Das MELUND hat im Jahre 2014 durch Erlass einen Naturwaldbestand von ingesamt 5.583 ha bei den öffentlichen Waldbesitzern Schleswig-Holsteinische Landesforsten (rd. 4.026 ha) sowie die Stiftung-Naturschutz Schleswig-Holstein (rd. 1.557 ha) festgelegt.

Folgende Handlungsgrundsätze sind dabei zukünftig zu beachten:
Handlungen, die zu einer Zerstörung, Beschädigung oder Veränderung des Naturwaldes oder seiner Bestandteile oder zu einer erheblichen oder dauerhaften Störung der Lebensgemeinschaften führen können, sind zu unterlassen. Unberührt von diesen Beschränkungen bleiben

  • die Entnahme von Nadelbäumen und von nicht heimischen Gehölzen, einschl. deren wirtschaftlicher Nutzung, und Neophyten in Abstimmung mit dem MELUND bzw. dem LLUR bis zum 31. Dezember 2020,
  • die Ausübung des Jagdrechts,
  • notwendige Maßnahmen zur Verkehrssicherung,
  • die erforderliche Unterhaltung von Gewässern, die der Vorflut dienen sowie
  • Maßnahmen zur Wiederherstellung des natürlichen Wasserhaushalts.

Es wäre aus meiner Sicht auch unter dem Aspekt des Klimawandels erstrebenswert dieser Zielsetzung zu einem Naturwald oder zumindest einem naturnahen Wald zu folgen, um die Landmark „Steilküstenwald Hohwacht“ für weitere Generationen zu erhalten.

In diesem Zusammenhang ist unerlässlich, dass die Hohwachter Gemeinde  ihre wirtschaftlichen Interessen an der Holzvermarktung offenlegt.

Am Samstag, den 19. März 2016, wurde zum 5. Mal der Titel „Waldgebiet des Jahres“ verliehen. Für das Jahr 2016 erhält den Titel der Küstenwald Usedom. Damit wurde das hohe Engagement des Forstamtes Neu-Pudagla für die Schutz- und Nutzfunktion des Küstenwaldes auf der Insel Usedom geehrt.

„Der Küstenwald Usedom besticht vor allem durch seine Nähe zum Meer. Seine besondere Lage, die viele Urlauber anzieht, hat dazu geführt, dass hier, wie in kaum einem anderen Wald, Naturschutz, Küstenschutz sowie touristische und forstliche Nutzungsinteressen beispielhaft miteinander in Einklang gebracht wurden. Die Forst- und Jagdverwaltung auf Usedom lässt sich über 300 Jahre zurückverfolgen. Als Forstminister habe ich deshalb immer Wert darauf gelegt, dass forstpolitische Entscheidungen in unserem Land auf einen breiten Konsens gestellt werden. Waldbauliche Entscheidungen sind Entscheidungen für die Zukunft, Waldwirtschaft ein gelebter Generationsvertrag“, sagte Minister Dr. Till Backhaus.

Wäre zukünftig eine solche Ehrung auch für den Steilküstenwald in Hohwacht denkbar?

Heinrich Kahle