Und die Misere geht weiter
In diesem Jahr ist die Vernichtung des kleinen gemeindeeigenen Waldes mit neuer Wucht vorangetrieben worden, und die Fällung von gesunden Bäumen greift nun sogar auf den Kurpark über. Die Rückerwege werden immer breiter und von immer schwereren Gerätschaften verdichtet, wobei die Stämme, die aus dem Wald herausgeholt werden, immer dünner werden. Wenn es so weiter geht, gibt es in wenigen Jahren gar keinen Wald mehr in Hohwacht. Auf die paar Tausend Euro Erlös (die die Gemeinde übrigens mit dem „beratenden“ Forstbetreib teilt) ist die Gemeinde wahrlich nicht angewiesen. Es gibt kein deutlicheres Anzeichen von kompletter Blindheit gegenüber der Umwelt in diesen Zeiten von Klimawandel und zunehmendem Verlust von natürlichen Lebensräumen.
Die Realität steht auch in starkem Kontrast zu den wohligen Worten auf der Webseite der WGH:
„Pflege und Bewahrung der regionalen Landschaft sind elementare Voraussetzungen, für die wir vollends einstehen! Unsere Wälder, das Naturschutzgebiet, der Strand, die Seen und das Meer sind unser größtes Gut. Für den Küstenschutz (Hochwasser) in Hohwacht und einen sorgsamen Umgang mit der Natur werden wir uns einsetzen.“
Auch die Diskussion um die Zukunft der Strandstraße geht weiter. Details hierzu haben wir bereits an anderer Stelle erläutert, aber unterm Strich teilen wir auch der Meinung von Hr. Benjamin Braden, der auf unserer Facebook-Seite schreibt, dass die Gemeinde „die Drohungen des Investors geflissentlich überhören und ihre Planungshoheit wahrnehmen“ soll.
Anderswo missbraucht Hr. Anders eine ausgeschriebene Grünfläche als Bediensteten-Parkplatz. Und was passiert? Der Bürgermeister, mit Unterstützung fast aller (nicht-Grünen) Gemeindevertreter, schenkt ihm 13 öffentliche Parkplätze – ablösefrei, versteht sich – damit er endlich aufhört mit der rechtswidrigen Nutzung der Grünfläche.
Eine Gemeinde in der Größe unserer, die 850 Tausend Euro für einen Parkplatz ausgibt und gemeindeeigene Grundstücke bewusst unter Wert verkauft oder im Handumdrehen versiegeln lässt, hat eindeutig falsche Prioritäten gesetzt. Und nach alldem gibt’s dann leider kein Geld fürs Renovieren der Flunder.
Und übrigens, was nutzen uns Ausgleichsmaßnahmen auf Gut Nehmten am Plöner See für die ganzen Neubauten, wenn wir hier in Hohwacht leben und atmen?
Overtourism macht sich breit
Als „Overtourism“ werden Auswirkungen des Tourismus auf eine Destination (oder Teile davon) bezeichnet, welche die Lebensqualität der Bürger*innen und/oder die Aufenthaltsqualität der Besucher*innen negativ beeinflussen. Und Hohwacht leidet eindeutig unter Overtourism – wie kann man sonst mehr als 3.000 Gästebetten und 200.000 Übernachtungen gegenüber knapp 900 Einwohner erklären?
Erlebnistourismus bringt eigentlich nur Menschenmassen, Lärm und Verkehr, und widerspricht daher komplett der versprochenen „Idylle“. Wer mit Idylle wirbt darf nicht Event verkaufen.
Wo bleiben die Einwohner*innen?
Alle Einwohner*innen, die ihre Bedenken in der Sache Anders-Bauten öffentlich kund taten wissen, dass diese zwar von der Gemeinde „zur Kenntnis genommen“, aber letztendlich komplett ignoriert wurden. Bei den darauffolgenden Bauprojekten folgten die Gemeindevertreter*innen lieber der Devise: frag die Leute lieber gar nicht, sonst bekommt man was zu hören, was man nicht hören möchte.
In diesem Zusammenhang lässt uns die Aussage des Bürgermeisters aus der Sitzung vom 02.12.2021 kopfschüttelnd und verständnislos zurück:
O-Ton Karsten Kruse: „Wir sind nicht Bürgervertreter, sondern Gemeindevertreter und manchmal muß die Gemeinde gegen ihre Bürger bestimmen“.
Ferner kommen die Einwohner*innen überhaupt nicht in den bunten Broschüren und Internet-Auftritten der Investoren und der Gemeinde vor. Die Gewerbebetriebe werben oft mit solchen Labels wie „nachhaltig“, „familiär“ oder „idyllisch“, wobei das alles knallhart kalkulierte Angebote sind, die bei ihrer Herstellung viele Ressourcen verbrauchen und schier gar nichts mit irgendwelchen „idyllischen“ oder „familiären“ Strukturen zu tun haben.
Die Lebensarbeitsleistung, nach der viele Menschen nach Hohwacht gekommen sind, um ihre wohlverdiente Ruhe zu genießen, wird zu null Prozent von den Plänen der Investoren und der begleitenden Zuarbeit der Gemeindevertretung respektiert.
Man muss kein Visionär sein, um zu sehen, wie es in ein paar Jahren in Hohwacht aussehen wird. Wenn die Entwicklung so weiter geht wie jetzt, wird der ganze Ort auf kurz oder lang zu einem einzigen Freizeitbetrieb mutieren.
Ein letzter Hoffnungsschimmer bietet der Ortsentwicklungsplan
Es bleibt nur zu hoffen, dass der aktuell in Arbeit befindlichen Ortsentwicklungsplan (übrigens nachweislich von den Grünen recherchiert, initiiert und in die Gremien hineingetragen) endlich mal Gehör für die wahren Wünsche der Hohwachter Bevölkerung verschafft.
Wir hoffen umso mehr, dass bei den Gemeindevertretern die „verbale Aufgeschlossenheit bei gleichzeitiger Verhaltensstarre“ (Prof. Ulrich Beck) beendet und die politische Arbeit endlich wieder an dem öffentlichen Wohl der Gemeinde ausgerichtet wird.
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Titelbild © stapfer-metallbau.ch